Liebe Bücherblogger, wir müssen reden.
Ich möchte euch fragen, was ihr sein möchtet. Einen Bücherblog zu führen ist mittlerweile jedem freigestellt. Ist das das Problem?
Ein Bücherblog der ist lustig, ein Bücherblog der ist schön
Nach diese Zeit Artikel (KLICK) ging ein kleines Erdbeben durch die Buchblogger-Szene und alle protestierten, hauptsache laut und möglichst anti. Doch ich saß ganz alleine vor meinem Laptop und nickte, hoffte dabei, dass mich niemand anderes sieht – auf Mistgabeln und Fackeln hatte ich schließlich keine Lust.
Doch wieso waren alle so erbost? Nun, ich will hier keine falsche Behauptungen aufstellen, aber es hat nun mal endlich jemand in Worte gefasst was momentan in der Szene vor sich geht, beziehungsweise falsch läuft. Ich, ich, ich, Quantität statt Qualität, vollblut Charakteranalysen, himmelhochjauchzendes Lob, von Objektivität fehlt jede Spur. Das alles und noch viel mehr ist bei den 0815 Bücherblogs an der Tagesordnung. Serviert auf Standardlayouts von Blogspot, garniert mit wunderschönen Buchbildern, deren Bearbeitung länger dauert als das Schreiben des Artikels, wenns die überhaupt selbst gemacht sind. Urheberrecht ist in der Szene nämlich ein Fremdwort. Abgerundet wird das Ganze von der fehlenden Erwähnung des Verlages, weil warum sollte man auch erwähnen, dass es sich um ein Rezensionsexemplar handelt – aber das ist eine ganz andere Geschichte. Wichtig ist aber auch das vergessene Impressum und die vielen Smileys mitten in der Rezension.
Platz für qualitätiven Literaturjournalismus ist dort nicht mehr.
Der Feuilleton lacht sich über Bücherblogger kaputt – berechtigter Weise.
Wie soll man eine Sparte, die sich intensiver mit Instagram-Filtern auseinandersetzt als mit wortgewandten Texten, auch ernst nehmen?
Man könnte nun Argumente um sich werfen, dass das alles Generation-Y gerecht wäre und dass der Puls der Zeit doch so schlagen würde, jedoch scheint mir das alles viel zu einfach und ist keine angebrachte Rechtfertigung. Doch natürlich ist der Mehrwert von Bücherbloggs, Instagram-Accounts und Facebook-Seiten deutlich. Der rein kommerzielle Mehrwert versteht sich.
Die Kinderkrankheiten des Internets
Das gleiche Problem hat grade die YouTube-Szene. Die Plattform auf der ich die ersten Englisch-Kenntnisse gesammelt habe, 2007 durch schlechte 4:3 Tiervideos gescrollt bin, erlebt grade seine Pubertät und zwar in der aller schlimmsten Form.
Glattgeschminkte Mädels winken mit Waschgels, die sie von den Firmen samt vier-fünststelligen Beträgen in den Hintern gepustet bekommen haben, ohne die Produktplatzierungen zu kennzeichnen, pickelige 14 jährige spielen Minecraft, postpubertäre 19 jähre spielen Minecraft, Katja Krasavice wackelt mit ihren Titten, 30 jährige spielen Minecraft und ein riesiger Haufen von roten Pfeilen kämpft mit Clickbaiting-Titeln um seine Daseinsberechtigung. Ein Traum. Doch genau unter diesen Titten wackelnden, Minecraft spielenden Menschen und roten Pfeilen versinken die Projekte, die mit viel Arbeit, Stunden im Schnitt, harter Postproduktion und wochenlanger Planung auf die Beine gestellt worden sind, im Nichts.
Ähnlich in der Blogging-Szene, jedoch kämpfen hier die Bücherblogger, mehr oder weniger, halbherzig um Anerkennung, brüsten sich mit Titeln wie “freien Journalisten” und wundern sich anderer Seits, warum sie von Menschen wie Ana Maria Michel oder Karla Paul schief angeschaut werden.
Selbstbetitelung ist in
Wer sich mit dem Titel “Presse” auf Buchmessen oder Bloggerrunden brüstet, sollte sich auch so verhalten und sich seiner Verantwortung bewusst sein. Mit dieser Verantwortung kommen auch Themen wie Transparenz, Präsenz, Gewerbe Anmeldungen, Impressum (denn nur weil du keins hast, heißt es nicht, dass du keins brauchst) und viele andere auf den Schreiberling zu, die sie zumindest bei ihrem dreijährigen Blogjubiläum mit dem fettem Gewinnspiel (auch hier sind Kennzeichnungen und Gewinnausschüttungs know-how wichtig!) endlich mal auf dem Schirm haben sollte.
Reichweitenoptimierung geht über Contentoptimierung
Unverständlich ist für mich, dass der dauerhafte Verbesserungstrieb vollkommen fehlt. Durch träges “networken” werden Leser angeworben, schnelle Komplimente verteilt, tausende Instagram-Bilder geliked, viele Likes, Abos und Follower kommen halt verdammt gut an.
Verbesserungstrieb sollte aber auch designorientiert sein und kontentorientiert. Heißt: vielleicht mal in Layouts investieren, oder sich mal selber mit dem Kram auseinandersetzten. Niemand liest gerne einen Blog mit dem Layout aus den frühen 2000ern, der nicht mals responsive ist. Kontentorientierte Verbesserung bedeutet weg von seitenlangen Inhaltsangaben und Charakteranalysen gehen, hin zu kurzen, prägnanten Struktureinblicken, Schreibstilanalyse, versuchen dem Autor hinter den Kopf zu blicken. Eine Message vermitteln und nicht redudantes “IHR MÜSST DIESES BUCH LESEN” in die Welt zu schmettern, nur, weil sich wieder mal ein Mädel in einen Typen unsterblich verliebt hat und ihr ja so auf Romanzen steht. Rezensionen sollten weder sämtliche Handlung spoilern, noch die tiefsten Wünsche der Charaktere vorwegnehmen.
Ich glaube es ist einfach an der Zeit groß zu werden, zu verstehen welche Verantwortung man sich auferlegt, wenn man sich mit dem Wort “Presse” brüstet. Natürlich werden an dieser Stelle wieder Aufstände kommen und auch, wenn ich die Fackeln schon in der Ferne riechen kann, muss ich noch mal darauf rumreiten, dass ihr aus Pressekontingenten schöpft, für die Verlage Pressestimmen seid und Rezensionen eigentlich Presseleistungen sind, also werdet euch eurer Verantwortung bewuss, oder gebt bitte nicht das Ziel auf zu wachsen, denn irgendwann sollten wir alle wirklich mal erwachsen werden.
Die liebe Hekabe hat mir fast die Worte aus dem Mund geklaut und war ein wenig schneller als ich. Ihr Artikel zu Transparenz und viel anderem sehr wichtigen Gedöns findet ihr hier: KLICK
Die Bilder stammen von Pexels.
Ja! Du sprichst mir so aus der Seele, was du aber ja auch wissen dürftest nach meinem eigenen Post zu dem Thema (Danke übrigens fürs Verlinken!), auch wenn du glaube ich ein paar Probleme noch einmal etwas genauer auf den Punkt gebracht hast. In jedem Fall: Sehe ich genauso und toll geschrieben! 🙂
Guten Morgen Caro
Seid über ein Jahr blogge ich nun schon und kontinuierlich versuche ich meine Rezensionen, Artikel und so weiter zu verbessern! Durch das lesen von anderen Meinungen, professionellen Blogs, Artikel von Verlagen probiere ich so viel wie möglich mit zu nehmen, um mein Blog immer besser präsentieren zu können. Doch wie weiss ich schlussendlich was gut ist? Wie weiss ich ob meine Rezensionen dem entsprechen, was Verlage von mir erwarten oder ob diese auch für andere Lesenswert sind? Ich habe zwar meine Leser und doch hinterlassen sie oft keine Meinungen, auch wenn ich ausdrücklich darum bitte! Nachdem ich mehrmals versucht habe auch von professionelleren Bloggern zu erfahren, was ich verbessern könnte und bis jetzt keine Antwort erhalten habe, weiss ich langsam nicht mehr weiter. Ab wann bin ich kein gemütlicher Wohlfühl Blog mehr und was muss ich überhaupt dafür tun?
Ich habe ein vollständiges Impressum, ich deklariere alle meine Rezensionsexemplare deutlich und verlinke den Verlag wo es nur geht und doch, denke ich, dass ihr mich nicht als gleichwertigen Blog ansehen würdet, doch warum helft ihr mir nicht dies zu verändern?
Ich bin an keiner Messe als Presse gegangen und brüste mich auch nicht mit diesem Titel. Ich habe kein Interesse an Geld für meine Rezensionen, weil das Buch Bezahlung genug ist. Trotz allem möchte ich wirklich gerne professionell auftreten und versuche mich wirklich schritt für schritt zu verbessern. Dein Artikel hat mich wie so viele andere zum Nachdenken gebracht und ich hoffe wirklich, irgendwann einmal sagen zu können, ja, nun bin ich mit meinen Posts und Rezensionen zufrieden.
Liebe Grüsse
Denise
Hallo liebe Denise,
erst mal muss ich sagen, dass ich deine Einstellung toll finde, aber das ist natürlich auch nur mein “Wunschdenken” in dem Beitrag. Genau so finde ich nicht, dass jemand das Gefühl haben muss von mir “anerkannt” zu werden. Natürlich gibt es den Kram den ich lese usw. aber ich spreche natürlich in erster Linie Blogger an, die seit Jahren in der Szene sind und sich völlig falsch verhalten. Von Hobby-Bloggern und angehenden Bloggern ist überhaupt nicht die Rede und von Leuten, die neu dabei sind, verlange ich gar nichts. Ich freue mich eher einfach nur unglaublich wenn jemand die Liebe zu Büchern teilt. Jeder darf auch wenn er möchte ein Hobby-Blog bleiben, aber wer hoch hinaus möchte, sollte sich öfter mal an anderen Dingen orientieren. Und wenn du das schon tust, glaube ich, dass du auf einem verdammt guten Weg bist.
Dein Blog gefällt mir sogar recht gut, nur ich zB. habe irgendwann den großen, und auch sehr schweren, Schritt gemacht und habe mich von Blogspot gelöst, ne eigene Domain besorgt und mich ins Thema HTML und CSS reingelesen, damit mein Blog auch so aussieht, wie ich das möchte. Das dauert Stunden, ist super nervig, aber das war MIR er wert. Das muss natürlich jeder selber wissen.
Ich mag auch deine Art, wie du Rezensionen aufteilst. Du verrätst nicht zu viel, das ist klasse. Jedoch würde ich an deiner Stelle noch versuchen ein bisschen mehr von dem “Ich, mir, mich, ich fand” etc. wegkommen und mutig sein. Mutig mit Behauptungen. “Ich persönlich finde” ist in Rezensionen immer unnötig und erklärend. Natürlich geht es um deine Meinung, du darfst dir auf deinem Blog rausnehmen zu schreiben “der Schreibstil ist sehr gut .. etc” und musst es nicht mit “meine Meinung” relativieren oder absenken. Habe ich auch lange gemacht, das zeugt von Unsicherheit und der Angst einfach mal diese Behauptung aufzustellen. Sei da ruhig mutiger.
Außerdem ist ein eigener Name cool. Du willst nicht wissen zwischen wie vielen Namen ich gewechselt habe, versuche ihn zu finden, in dein eigenes schickes Layout einzupassen und finde heraus, wie du dich auf deinem Blog richtig verwirklichen kannst. 🙂
Falls du Fragen hast, mail mich einfach auf caro@timeandtea.de an. Ich stehe dir gerne für Fragen zur Verfügung.
Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen.
Danke für deine ehrliche Meinung 🙂
<3 Caro
Huhu Caro,
ich war zwar eine, die sich über diesen Beitrag damals aufgeregt hat. Allerdings bin ich bei deinem Beitrag zu 100% bei dir. Was mich an dem Beitrag genervt hatte damals, war einfach dieses alle über einen Kam scheren, wo dann jemand, der dass ganze seriöser betreibt, von denen es ja auch wahnsinnig viele, wundervolle Blogs mit viel Herzblut gibt, quasi mit in den Topf geworfe wird auf den ersten Blick. Aber ich finde auch, dass es eben leider auch immer und immer mehr der Blogs gibt, die du so treffend beschreibst, bei denen es oft nur darum geht, Rezensionsexemplare abzustauben. Deshalb vielen Dank, dass du dich getraut hast, Fakeln in Kauf zu nehmen und das ganze in Worte zu fassen :).
glg Franzi
Also ich habe vor kurzem einen kleinen Buch-Blog eröffnet. Mir geht es nur darum, drüber zu reden, was mir gefällt und warum. Ob es wirklich jemand liest, ist mir erst mal schnurz. Ich will mich erst mal trauen, überhaupt an die Öffentlichkeit zu gehen. Und so geht es sicher auch vielen anderen kleinen Bloggern. (Oder bin ich da zu blauäugig?).
Ansonsten denke ich, ist es beim Bloggen wie bei allen anderen Dingen, wer etwas tut, weil er es tun will, ist glücklicher und letztlich erfolgreicher in seinem tun, als jemand der nur die persönliche Bereicherung sucht.