England im 12. Jahrhundert. In einem Land, in dem die Kirche eine unsagbare Macht hat und regelmäßig Krieg, Hunger und Hass toben, macht sich Baumeister Tom Builder auf die Suche nach einem Job, um seine Familie zu ernähren. Auf seinem Weg stolpert er durch die Stadt Kingsbrigde, eine kleine Klosterstadt in der Nähe von Shiring und Winchester. Doch auch hier findet er keine Arbeit, denn Kingsbridge hat bereits eine Kirche. Doch die Welt ist in stetigem Wandel und wo am einen Tag noch Gebäude stehen, kann am nächsten Tag schon gähnende Leere herrschen.
We’ve got work to do
Tom Builders Reise steht unter keinem guten Stern, was schlichtweg der Zeit geschuldet ist. Auf seiner Reise macht er Verluste, Gewinne und sammelt Erfahrungen, welche wir Schritt für Schritt mit ihm teilen. Auch Jack Jacksons Geschichte erfahren wir langsam aber sicher. Der Junge, der im Wald aufgewachsen ist, wird schneller mit der Realität außerhalb der Bäume konfrontiert, als es ihm lieb ist. Auch Philip, Prior der kleinen Zelle St. John in the Forest, ist ein Protagonist. Der junge Mönch muss sich mit den Intrigen von Kirche und Staat auseinandersetzen. Außerdem ist da noch der Graf von Shiring, dem das Leben überraschenderweise recht schwierig gemacht wird und er erfährt am eigenen Leib, wie mächtig die Kirche sein kann. Doch was das alles mit Philip und Tom zu tun hat, müsst ihr selber herausfinden.
Tom Builders Geschichte hat Potential. Ken Follett hat es in Die Säulen der Erde auf etwas über 1300 Seiten geschafft Charaktere zu bauen, die ihresgleichen suchen. Daedalic hat sich also ein schweres Erbe ausgesucht, welches sie aber großartig meistern.
So. Viele. Namen.
Eine riesige Menge an Charakteren finden sich alleine in den ersten 6 Stunden des Spiels. Durch Zettel und Briefe erhalten wir Informationen, welche wir uns immer wieder durchlesen können. Durch eine kleine Questbeschreibung unten rechts wissen wir, wo wir hinmüssen. Diese Questhinweise mögen für ein Point and Click ein wenig zu einfach zu wirken, passen sich aber überraschend gut in das Spiel ein. Wir sammeln Gegenstände ein, führen optionale Dialoge und lernen langsam aber sicher unsere Welt kennen. Die einzigen Rätsel sind verstecke Dialogoptionen und auch sonst ist das Spiel nicht gerade eine Herausforderung, doch das ist völlig okay.
Daedalic hat sich einem der erfolgreichsten Bücher aller Zeiten angenommen und es in typischer Point and Click-Manier in eine wunderschöne Welt gepackt. In wenigen Spielen mit Buchvorlage wird man so viel Storydichte finden wie hier. Wenig Handlung wurde bisher weggelassen und die Ereignisse folgen chronologisch komplett denen des Buches. Den Schritt zu wagen, einen solchen Epos als Spiel zu verpacken ist mutig, denn irgendwann muss man sich als Publisher und Entwickler die Frage stellen, ob man der Story treu bleiben möchte. Nach Beendigung der ersten Episode ist diese Frage noch nicht ganz geklärt. In Die Säulen der Erde hat man durch Dialogoptionen die Möglichkeit, das Spiel in vielerlei Richtungen zu lenken, auch auf Wege, die eigentlich abseits des Buchplots landen müssten. Ob und wie das funktioniert, wird sich zeigen.
Der Grafikstil ist wirklich hübsch und fängt die Zeit großartig ein. Die Zeichnungen sind unglaublich schön und überraschend originalgetreu. Hätte man mich vorher gefragt, wie ich mir die Charaktere vorstelle, dann hätte meine Beschreibung ziemlich genau so ausgesehen. Auch die Orte wurden fantastisch umgesetzt und mir wurde, obwohl ich die Story bereits kenne, an keiner Stelle langweilig.
Das Pacing ist recht langsam, was durch die Aufteilung in Episoden amüsanterweise gar nicht auffällt. Der schleppende Anfang des Buches ist im Spiel recht schnell abgehakt und die wichtigeren Ereignisse werden trotzdem ausführlicher behandelt. Die Darstellung ist recht eigen. Denn zwischen den typischen 2D-Hintergrundbildern, in denen wir mit der Umwelt interagieren, wechseln wir auch zu einer Kartenansicht. Sowohl von Kingsbridge als auch von Südengland. Im ersten Moment wirkt das ein wenig merkwürdig, ist aber bei der schieren Größe des Universums mehr als notwendig. So kommen noch mal neue interessante Elemente hinzu, wie das Wählen der Aktion auf der Weltkarte – verrückt.
Kommt noch was?
Das vermutlich größte Problem des Spiels ist jedoch das Gesprächspacing, das ist nämlich wirklich grausig. Als Erstes aufgefallen ist es mir in dem Gespräch mit dem Küchenbruder Milius. Wir starten also das Gespräch, stellen eine Frage und Milius pökelt in Ruhe seinen Fisch zu Ende. So lange, bis man fast denkt:”Habe ich auch wirklich gedrückt?”. Irgendwann kommt dann eine Antwort. Vermutlich wurde hier auf Gemächlichkeit abgezielt, es ist jedoch eher beunruhigend, nervig und macht die Immersion leider völlig kaputt.
Fazit – Die Säulen der Erde:
Daedalic hat sich mit diesem Spiel einer unfassbar schweren Aufgabe gestellt, die sie mit Episode eins bisher fantastisch gemeistert haben. Verpackt in einen wunderschönen Grafikstil und mit wirklich schönen Bildern haben sie Ken Folletts Buchwelt großartig eingefangen und umgesetzt. Lediglich das Pacing der Gespräche ist beim Spielen ein Dorn im Auge, welcher ein wenig Nerven kostet. Es bleibt abzuwarten, wie das deutsche Entwicklerstudio es schafft Entscheidungen über die Bücher hinweg aufzubauen, zu verarbeiten und alternative Handlungsstränge umzusetzen.
Danke an Daedalic für den Promocode!
Erscheint am: | 28. Juli 2017 |
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USK: | 16 |
Publisher: | Daedalic |
Entwickler: | Mimimi Productions |
Konsole: | PS4 (gespielte Konsole), PC, Xbox One |
Kaufen: | Amazon*, Steam, PS-Store |
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Screenshots sind mein Eigentum.
Schöner Artikel!
Das Gesprächspacing ist auch mein größter Kritikpunkt, der mir lustiger Weise auch in der Küchenszene aufgefallen ist :D.
Ich hab eine Frage auch an andere Kommentatoren:
Habt ihr auch manchmal das Gefühl, dass ihr gewisse Entscheidungen trefft, weil ihr wisst wie die Geschichte eigentlich verläuft?
Ich habe sehr oft das Gefühl das ich Entscheidungen treffe auf Grund meines Hintergrundwissens und gar nicht wirklich aus dem Bauch heraus wie zum Beispiel bei LIS oder ähnlichem. Es stört mich also in gewisser Weise die Geschichte schon zu kennen. Würde mich mal interessieren ob es anderen ähnlich geht. 😀
lg
Phikor
Hallo!
erst mal danke für deinen Kommentar und mir ist witzigerweise genau das gleiche aufgefallen. Vieles habe ich so gemacht, weil es halt irgendwie “richtig” erscheint. Genau deswegen möchte ich es auch noch ein paar mal spielen! 🙂
Grüße
Caro